DIE WELT POLITIK 04/03/2015
Die berühmte US-Schauspielerin Mia Farrow streckt ihre Hand in die Höhe, die in einem ölverschmierten Handschuh steckt. Das Bild aus dem ecuadorianischen Regenwald ging sofort durch die relevanten US-amerikanischen und lateinamerikanischen Medien. Inmitten eines der wertvollsten Ökosysteme der Welt wurde der Hollywood-Star zur prominenten Zeugin eines der schwersten Umweltvergehen der vergangenen Jahre.
Eine Tochterfirma des US-amerikanischen Erdölkonzerns Chevron hat hier eine Schneise der ökologischen Verwüstung geschlagen. Das gilt als hinreichend belegt. Doch wie hoch der tatsächliche Schaden ist, darüber streiten die Parteien. Bis heute versucht die ecuadorianische Regierung, von dem Konzern Schadenersatzforderungen in Milliardenhöhe einzutreiben, die Chevron nicht bereit ist zu zahlen.
Das südamerikanische Land setzt deshalb auf prominente Hilfe aus den USA. Leinwandgrößen sollen an das Gewissen der US-amerikanischen Öffentlichkeit appellieren und somit den moralischen Druck auf den Konzern erhöhen. Sie sei gekommen, um ihre Unterstützung für die indigene Bevölkerung zu demonstrieren, sagte Mia Farrow bei ihrem Besuch im vergangenen Jahr. Es war ein bis ins letzte Detail inszenierter Auftritt, der keinen Zweifel daran lassen sollte, wer auf der Seite des Guten und wer auf der Seite des Bösen steht: hier Mia Farrow, Ecuador und der Regenwald, dort der US-Multi Chevron.
"Ist Mia nicht wunderbar?", fragte Ecuadors Staatspräsident Rafael Correa damals rhetorisch. "Was für eine Bescheidenheit und was für eine Solidarität." Doch so bescheiden scheint Frau Farrow nicht gewesen zu sein, denn es stellte sich später heraus, dass sie sich für ihr Engagement für Ecuadors Regenwald und deren Ureinwohner fürstlich hat entlohnen lassen: Rund 188.000 Dollar soll die inzwischen 70 Jahre alte Unicef-Sonderbotschafterin für ihren heroischen Einsatz erhalten haben. Farrow bestätigte zwar, bezahlt worden zu sein – allerdings nicht mit einer Gage in dieser Höhe.
Stone wird von PR-Agentur verklagt
Auch Sharon Stone steht auf der Liste der US-Stars, die sich in Ecuador möglichst betroffen zeigen sollen. Rund 300.000 Dollar wollte sich die Regierung Stones Auftritt kosten lassen, inklusive "Diva-Bonus" mit Flügen in der ersten Klasse und Luxushotel. Auch ein publikumswirksames Treffen mit Präsident Correa sowie dessen Stellvertreter sei im gebuchten Betroffenheitspaket vorgesehen gewesen, berichten Medien aus den USA und Ecuador.
Stone konnte allerdings die PR-Reise wegen einer Erkrankung nicht antreten und wird nun von der Agentur auf Schadenersatz wegen nicht erbrachter Leistung verklagt. Das berichtete die regierungskritische Tageszeitung "El Universo". Stone habe aber, so heißt es, das Geld bislang noch nicht zurückgezahlt.
Die ganze Aktion hatte die US-amerikanische PR-Agentur MCSquared vorbereitet, die ihre prominenten Kunden luxuriös bis zum ölverseuchten Vorzeigeplatz im ecuadorianischen Regenwald begleitet und rundum betreut. Doch nicht nur Sharon Stone und Mia Farrow sind Prominente, die angeworben wurden, auch der US-Schauspieler Danny Glover ist ein gern gesehener Gast in Ecuador. Seine Agentur soll sich über eine Überweisung von 330.000 Dollar gefreut haben. Auch Glover steckte seine Hand tief ins vom Öl verseuchte Erdreich und zeigte sich in Interviews mit ausgewählten Journalisten entsetzt. Er war in den vergangenen Jahren schon des Öfteren vor Ort anzutreffen.
Doch für Ecuador könnte der teure Prominentenhandel nun zu einem gefährlichen Bumerang werden, denn die teuer erkaufte Betroffenheit kratzt an der Glaubwürdigkeit des Klägers in diesem endlos scheinenden Rechtsstreit gegen Chevron. Das südamerikanische Land hat in mehreren Instanzen bereits recht bekommen, von Schadenersatzzahlungen bis zu 18 Milliarden Dollar des Konzerns an die Regierung ist die Rede. Chevron wies bislang alle Vorwürfe vor allem mit einem Argument zurück: Das bisherige Verfahren sei Betrug, weil das Urteil auf gekauften Zeugenaussagen und gefälschten Gutachten beruhe.
Insgesamt 6,4 Millionen Dollar soll sich die ecuadorianische Regierung die PR-Arbeit gegen Chevron kosten lassen. Eine Investition, die eigentlich dazu dienen sollte, die Milliardenforderungen gegen den Ölkonzern einzutreiben. Nun könnte sie genau das Gegenteil bewirken. Wenn jemand Millionen für Betroffenheitsstatements von Filmstars ausgibt, dann liege es nahe zu vermuten, dass er auch für Zeugenaussagen bezahlt, argumentieren die Chevron-Anwälte.
Teure PR-Deals beschädigen das Engagement anderer
Wie sich bezahlte Öko-Betroffenheit auf ehrenamtliche Unterstützer auswirkt, bleibt abzuwarten. Sie stellen sich im Rechtsstreit weltweit hinter die im Kern berechtigten ecuadorianischen Forderungen. Auch das Saubermann-Image des ecuadorianischen Präsidenten ist angesichts der jüngsten Entscheidung des südamerikanischen Landes international angekratzt. Er möchte im ökologisch wertvollen Yasuni-Park selbst Erdölförderung vorantreiben. Dazu gesellen sich Berichte von Umweltaktivisten, die – nicht nur im Yasuni-Nationalpark – eingeschüchtert und juristisch verfolgt werden. Die ecuadorianische Regierung bestreitet das.
Mit ihren teuren PR-Deals beschädigen Danny Glover, Mia Farrow und Sharon Stone aber auch das Engagement anderer sozial und ökologisch engagierter Hollywood-Stars wie Sean Penn, der sich in Haiti für den Wiederaufbau des vom Erdbeben zerstörten bettelarmen Landes engagiert, oder Angelina Jolie, die sich für die Rechte von Flüchtlingen einsetzt.
Kolumbiens Weltstar Shakira hat ihren eigenen Weg gefunden: Werbekunden müssen das Honorar gleich in ihre Stiftung einzahlen, die sich um die Ausbildung Tausender kolumbianischer Kinder in den Armenvierteln ihres Heimatlandes kümmert. Der Einsatz von Penn, Jolie oder Shakira folgt einer anderen Intention: Nächstenliebe und Mitmenschlichkeit statt hoher Gagen. Moral ist nicht käuflich. Zumindest nicht bei allen.
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